Die entscheidende Bestätigung

Predigt am 1. April 2018 (Ostern) zu Jesaja 25,6-9

6 Und der HERR Zebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist. 7 Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind. 8 Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der HERR wird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der HERR hat’s gesagt. 9 Zu der Zeit wird man sagen: »Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der HERR, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.«

Kann man Ostern mit einem alttestamentlichen Text feiern? Ja, man kann. Erstaunlicherweise ist hier schon ganz viel von dem da, was dann mit der Auferstehung Jesu verbunden ist: Der Tod wird verschlungen sagt schon das Buch Jesaja, vermutlich war das 400 oder 500 Jahre vor Christus. Der Tod, der Allesverschlinger wird selbst verschlungen. Paulus hat sich im 1. Korintherbrief diese Stelle geschnappt und sie eingebaut in seine Argumentation und gesagt: bitte schön, da hat das schon immer gestanden bei Jesaja, dass Gott am Ende auch den Tod vernichten wird, und wir sind jetzt dabei, wir erleben es mit, wie das jetzt anfängt zu geschehen.

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Jesus ist auferstanden – das ist nichts, was plötzlich irgendwie vom Himmel fällt, sondern es hat Vorzeichen gegeben, durch viele Jahrhunderte hindurch. Das ist das Schöne, dass man im Alten Testament sehen kann, wie eine große Erwartung immer mal wieder auftaucht, gerade wenn die Zeiten schlecht sind.

Es konnte nicht anders sein!

Sie haben damals schon gewusst, dass Gott und der Tod nicht zusammen passen. Sie haben gewusst, dass Gott treu ist. Sie haben gewusst, dass er seine Menschen nicht im Stich lässt. Und sie mussten dann einfach nur 1 und 1 und 1 zusammenzählen: Gott ist treu, er hält an seinen Menschen fest, aber mit dem Tod will er nichts zu tun haben – wenn das alles richtig ist und richtig bleiben soll, dann bleibt Gott eigentlich gar nichts anderes übrig, als den Tod abzuschaffen. Und das Einzige, was uns zögern lässt, diese Schlussfolgerung zu ziehen, ist die Unwahrscheinlichkeit des Ergebnisses. Geht das wirklich? Den Tod überwinden? Aber sie kannten Gott und hatten im Lauf der Jahre gelernt, ihm zu vertrauen. Und dann gibt es eben diese Stellen im Alten Testament, wo das auf einmal aufblitzt und ausgesprochen wird: der Tod wird zerstört werden.

Und Jesus selbst hat hat auch nichts anderes in der Hand gehabt, als er auf seinen Tod zu ging: der hat auch nicht vorher genau gewusst, was kommen wird, sondern der hat auch nur Gott gekannt und daraus abgeleitet, dass Gott einen Weg des Lebens finden wird, wenn er im Gehorsam gegen seinen Vater im Himmel in den Tod geht. Für Jesus war ganz klar, dass Gott ihn nicht fallen lassen würde, das konnte einfach nicht sein.

Die Probe

Aber fest davon überzeugt sein und es dann tatsächlich darauf ankommen lassen, das sind zwei völlig verschiedene Dinge. Jesus hat die Probe aufs Exempel gemacht. Und er hat es nicht als misstrauischen Test gemacht (»wollen wir doch mal sehen, ob Gott sich an seine Versprechen hält«), sondern er bekam das als Auftrag von Gott: geh nach Jerusalem, geh hinein in den Konflikt, du wirst darin umkommen, aber vertrau mir, ich werde treu sein.

Also kein Übermut von einem Naseweisen, der willkürlich das Schicksal herausfordert, sondern ein Schritt des Gehorsams, der auch für Jesus ein großer und schwerer Schritt war. Nicht umsonst hat er im Garten Gethsemane lange gebetet, bis es für ihn am Ende ganz klar war: ja, ich soll es tun, und ich werde es tun. Dann war die Entscheidung gefallen, und alles weitere ergab sich daraus.

Und dann war die Frage: würde Gott so sein, wie er sich Menschen immer dargestellt hatte? Würde er Wort halten? Die ganze lange Tradition des Vertrauens hing jetzt daran: würde Gott so antworten, wie sie es immer erwartet und erhofft hatten? Theologische Theorien sind eine Sache, aber sich aufgrund so einer Theorie dann wirklich auf den Weg zu machen, das ist etwas ganz anderes.

Aber Jesus ist auferstanden, er ist den Jüngern erschienen, er hat mit ihnen gegessen und getrunken, und die jahrhundertealte Hoffnung Israels war bestätigt. Hoffnung ist eine tolle Sache, sie kann uns aufrichten und stärken, aber am Ende kommt es darauf an, dass sie die Probe der Realität besteht. Eine hohle, leere Hoffnung, die die Realität verfehlt, die kann uns nicht aufrichten und stärken. Die ist Lug und Trug.

Eine bestätigte Theorie

Es ist ähnlich wie in der Physik des ganz Großen oder ganz Kleinen, da rechnen sich die Wissenschaftler eine komplizierte Theorie aus, über Schwarze Löcher oder den gekrümmten Raum und das Verhalten des Lichts, oder sie rechnen sich aus, dass es ein Elementarteilchen mit diesen ganz besonderen Eigenschaften geben muss, und es sieht auf dem Papier gut aus, aber dann muss man irgendwo eine Beobachtung machen können, die zu dieser Theorie passt. Und dann wird erstmals ein schwarzes Loch gesichtet, oder das Licht biegt tatsächlich ein wenig von seiner Bahn ab, wenn es an einem schweren Stern vorbeikommt, oder das Elementarteilchen aus dem Beschleuniger hinterlässt wirklich in den Messungen genau den Fingerabdruck, den die Forscher vorausberechnet haben, und dann freuen sie sich, weil sie ihre Theorie an einer Stelle bewiesen haben, und dann kann man davon ausgehen, dass sie auch in anderen Fällen funktioniert.

So etwas war die Auferstehung Jesu: sie ist die entscheidende Bestätigung dafür, dass es keine Einbildung war, was Israel über die Jahrhunderte geglaubt hatte. Sie hatten keine leere Theorie aufgestellt, die zwar logisch ist und gut klingt, sich aber am Ende in Luft auflöst. Nein, sie hatten Gott richtig verstanden. Jesus hatte Gott richtig verstanden.

Das Ende von Schmerzen und Schmach

Und so, wie eine bestätigte Theorie dann in der ganzen Breite der Wirklichkeit angewandt wird, so gibt es von der Auferstehung her einen neuen Blick auf ganz viele wichtige Dinge in der Welt. Übrigens schon bei Jesaja: schon für ihn gehört es zur Überwindung des Todes, dass Gott alle Tränen abwischen wird, dass er also die ganze Masse an Schmerzen und Leid tilgt, all die Spuren, die der Tod im Laufe der Geschichte in den menschlichen Herzen hinterlassen hat. Denn der Tod ist der eigentliche Gegner, der sich hinter allem Chaos und aller Zerstörung verbirgt. Der Tod ist es, der all die Verwüstungen anrichtet, und so lange Menschen irgendwie noch mit dem Tod paktieren, geht das immer weiter.

Aber jetzt hat Jesus eine neue Menschheit gegründet, die nichts mehr mit den Mächten von Tod und Zerstörung zu tun hat. Und wenn das Neue da ist, dann wird man des Alten nicht mehr gedenken. Das ist aus und vorbei.

Und vorbei ist es auch mit der Schmach von Gottes Volk. Immer wieder hat Gottes Volk gedemütigt und beschämt dagestanden, weil es nichts anderes vorweisen konnte als die Überzeugung, dass Gott zu seinen Versprechen stehen und treu sein würde. Eine große Zukunftshoffnung, die oft von einer ganz erbärmlichen Schwachheit in der Gegenwart kontrastiert wurde. Und noch viel schlimmer, wenn Gottes Volk selbst Gott nicht treu geblieben ist, wenn sie selbst anfingen, mit den Mächten der Zerstörung zu paktieren, weil ihnen die Hoffnungsgewissheit abhanden gekommen war, und sie sich selbst beeindrucken ließen von den anderen Völkern und ihrem scheinbaren Glanz, ihrem scheinbaren Erfolg. Was für ein erbärmliches Bild, wenn das Volk Gottes in der Hand von Leuten ist, die keine Ahnung von Gott haben und sich beeindrucken lassen von allem möglichen anderen.

Aber Jesaja sieht die Zeit kommen, wo dieses erbärmliche Bild des Gottesvolkes der Vergangenheit angehört, das Bild des Gottesvolkes, das seiner eigenen Hoffnung nicht mehr glaubt und stattdessen den hoffnungslosen Heiden hinterherläuft. Und er nimmt das vorweg, 400 oder 500 Jahre vor Christus, und sagt: der Tag wird kommen, wo ihr zurückschaut und sagt: ja, so ist Gott, wir haben darauf gewartet, dass er uns hilft, und wir sind nicht enttäuscht worden. Über 400 oder 500 Jahre hat Jesaja es voraus gesehen: am Ende werdet ihr jubeln und froh sein, weil Gott euch wirklich so hilft, wie wir es immer erwartet haben.

Ein Festmahl für alle Völker

Und auch das nimmt Jesaja vorweg, dass es dann ein großes Fest für alle Völker geben wird: ein Festmahl auf dem Berg Zion, mit alten Weinen ohne Zusatz von Konservierungsstoffen, mit fetten Speisen (und vor Fett hatten die Menschen damals keine Angst, sondern das Fett war das Beste, weil es Energie gibt, weil es den Geschmack trägt, und weil es ein Zeichen ist, dass alles im Überfluss vorhanden ist).

Wenn wir Abendmahl feiern, dann ist das der Anfang dieses universalen Festmahls der ganzen Menschheit, für das der Tisch jetzt langsam schon gedeckt wird. Nein, bisher sind noch nicht alle dabei, die Völker zieren sich noch, aber der Anfang ist gemacht. Die Auferstehung Jesu ist noch nicht der endgültige Durchbruch der neuen Welt auf der ganzen Erde, aber sie ist das entscheidende Indiz dafür, dass die Theorie dahinter stimmt, dass die Frommen nicht leeren Worten gefolgt sind, wenn sie über die Jahrhunderte daran festgehalten haben, dass Gott seine Leute nicht im Stick lässt, und dass er sich an den Tod nie gewöhnen wird.

Wir sind noch nicht so weit, dass alle Rätsel aufgelöst sind. Aber wir stehen besser da als Jesaja und alle, die sich über die Jahrhunderte von seinem Wort haben leiten lassen, bis hin zu Jesus. Wir können wissen, dass es keine leere Hoffnung war, sondern sie ist eindrucksvoll bestätigt worden. Das war die Energie, die die Christenheit von Anfang an bewegt hat: Wir wissen jetzt, dass es alles wahr ist, was die Alten gehofft haben. Die Auferstehung Jesu war der entscheidende Durchbruch, und der Rest kommt nach, bis die Erde erneuert ist und der Tod ein für allemal verschwunden.

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