Die Rückkehr des Königs

Predigt im Besonderen Gottesdienst am 28. November 2010 (1. Advent) zu Jeremia 23,5-8

gd2010-11-28rueckkehrkoenig

Am Beginn des Gottesdienstes zeigte die Vorkonfirmandengruppe eine biblische Szene über die Ankunft Jesu in Jerusalem.

Predigt:

Wenn man erklären soll, wie Gott etwas tut, dann geht das nur, wenn die Worte, wie wir sie kennen, in ihrer Bedeutung zurechtgerückt werden. Also nehmen wir das Wort »König«! Wer sich in der Geschichte auskennt, der weiß: es haben schon jede Menge Schurken, Dummköpfe und Tyrannen auf Thronen gesessen. Eine Königin nannte man sogar »Johanna die Wahnsinnige«. Und trotzdem ist ein König etwas Besonderes. Die Menschen haben immer daran festgehalten, dass so ein König sich vielleicht doch für sie einsetzen könnte. Das hat zwar in der Regel nicht geklappt, aber wenn es dann wirklich mal einen guten König gegeben hat, oder einen, der den Eindruck erweckt hat, er sei ein guter König, dann haben sich die Leute noch lange an ihn erinnert. Der König David zum Beispiel, an den haben sie sich immer wieder erinnert, weil man bei dem das Gefühl hatte: der macht es richtig. Das war einer, der auf Gott gehört hat und sich für seine Leute eingesetzt hat. Obwohl auch David seine dunklen Seiten hatte. Aber trotzdem war er ein Zeichen: es geht auch anders. Und deshalb gibt es z.B. vom Propheten Jeremia eine Verheißung, dass es eines Tages einen neuen König geben wird, einen wahren Nachkommen Davids:

5 Seht, es kommen Tage – Spruch des Herrn -, da werde ich für David einen gerechten Spross erwecken. Er wird als König herrschen und weise handeln, für Recht und Gerechtigkeit wird er sorgen im Land. 6 In seinen Tagen wird Juda gerettet werden, Israel kann in Sicherheit wohnen. Man wird ihm den Namen geben: Der Herr ist unsere Gerechtigkeit. 7 Darum seht, es werden Tage kommen – Spruch des Herrn -, da sagt man nicht mehr: So wahr der Herr lebt, der die Söhne Israels aus Ägypten heraufgeführt hat!, 8 sondern: So wahr der Herr lebt, der das Geschlecht des Hauses Israel aus dem Nordland und aus allen Ländern, in die er sie verstoßen hatte, heraufgeführt und zurückgebracht hat. Dann werden sie wieder in ihrem Heimatland wohnen.

Bis heute wünschen wir uns von Staatsoberhäuptern Präsidenten und Kanzlerinnen, dass sie uns normale Menschen im Blick haben und an uns denken, wenn sie entscheiden. Wir wünschen uns Recht und Gerechtigkeit, und wir möchten ohne Angst leben können. Und reihenweise erleben wir, dass sich dann am Ende eben doch die Lobbygruppen durchsetzen und die Entscheidungen nicht so sehr von Weisheit zeugen, sondern irgendwie zusammengeflickt werden. Das ist schon enttäuschend, wenn mal wieder eine Regierung mit großen Versprechen und Erwartungen gestartet ist, und am Ende verheddert sie sich doch wieder im Gestrüpp von 1000 Interessen und Problemen, die vorher keiner erwähnt hat.

Aber vielleicht sollte man gar nicht so sehr den Personen die Schuld geben. Es ist anscheinend so, dass die innere Logik der Politik einfach bestimmte Zwänge mit sich bringt, und da kommt auch der fähigste König oder Präsident nicht gegen an – und die mittelmäßigen und unfähigen sowieso nicht. Jesus wollten sie ja auch mal zum König machen, weil sie meinten: der macht es mindestens so gut wie David! Aber Jesus hat das immer vermieden, ist einfach abgetaucht, weil er wusste: wenn ich da mitmache, dann stecke ich über kurz oder lang auch in diesem Muster drin und werde meiner Sache untreu werden und werde die Menschen enttäuschen. Ich habe eine andere Mission.

Was war das für eine Aufgabe? Jesus hat einen neuen Bund verkörpert, ein neues Bündnis zwischen Gott und den Menschen, und gleichzeitig ein Bündnis von Menschen untereinander. Jesus hat eine Gemeinschaft geschaffen, in der die heilende und verbindende Gegenwart Gottes lebt. Menschen sind dann füreinander nicht mehr Konkurrenten oder Feinde, Menschen schließen sich da nicht mehr gegenseitig aus, Menschen machen sich nicht mehr gegenseitig fertig, sondern sie stehen sich gegenseitig zur Seite, weil sie von Gottes Freundlichkeit bewegt sind, weil Gottes Großzügigkeit auf sie übergegangen ist. Die Liebe, von der wir vorhin in Elins Taufspruch gehört haben, dass sie nie aufhört, dass sie unvergänglich ist.

Das ist etwas, was kein König zustande bringen kann. Keine Regierung kann Menschen zwingen, so miteinander zu leben. Das geht nur, wenn Menschen verwandelt werden. Deshalb ist eben die Taufe das Zeichen für den Neuanfang, dass wir nach dem neuen Muster leben, das Jesus in die Welt gebracht hat. Und wenn dieses neue Muster kommt, dann kracht es manchmal laut, wie wir es am Anfang in der Szene gesehen haben: weil sich dies neue Muster nicht verträgt mit Gier und Abzocken. Deshalb, liebe Vorkonfirmandinnen und Vorkonfirmanden, deshalb sagen wir im Unterricht immer wieder: bei uns wird keiner lächerlich gemacht oder runtergemacht. Jesus hat gezeigt, wie dumm und kurzsichtig es ist, wenn man andere klein macht. Damit verdirbt man sich so viele gute Möglichkeiten, und am Ende trifft es irgendwann einen selbst.

Das gilt für alle, egal wie alt wir sind: Jesus hat eine Gemeinschaft geschaffen, wo man ohne Angst leben kann, ohne dass man dauernd auf der Hut sein muss, wer einem jetzt wieder eins reinwürgen will. Jesus hat eine Gemeinschaft gestiftet, wo keiner zu kurz kommt, wo nicht der, der am lautesten schreit, alle Aufmerksamkeit hat. Die Welt damals war mindestens so unsicher wie unsere, mindestens so sehr in dauernder Veränderung, und ziemlich gefährlich. Aber mitten drin hat Jesus eine Heimat geschaffen, wo man leben kann in der Gegenwart Gottes, erfüllt von seiner Freundlichkeit, unter Menschen, die sich davon verabschiedet haben, auf Kosten der anderen zu leben.

Wenn Jesus das schafft, dann tut er natürlich genau das, was wir uns von einem guten König erwarten. Ein König ist dafür da, eine große Gemeinschaft voller Frieden und Gerechtigkeit zu organisieren. Das ist sein Job, auch wenn viele Könige ganz andere Sachen im Kopf hatten. Es ist also nicht an den Haaren herbeigezogen, wenn Jesus im Königsstil nach Jerusalem kommt. Aber er hat gewusst, weshalb er auf das Streitross und die Rüstung verzichtet hat. Er wollte nicht durch 8 Millimeter Stahl von den Menschen getrennt sein. Er wusste, dass er sein Königreich nicht gegen die Menschen bauen wollte, sondern mit ihnen. Nicht mit Geld und Verordnungen, sondern mit der Kraft lebendiger Herzen.

In der Gemeinschaft, die Jesus geschaffen hat, da verbinden sich die Kräfte aller, weil Gottes Kraft durch sie alle fließt. Es ist nicht so, dass man da als braver Bürger einfach nur seine Steuern zahlt und dann den Chef machen lässt. Jesus hat die Gemeinschaft angeschoben, er lebt in ihrer Mitte, aber er macht das nicht für uns oder an unserer Stelle. Das Reich, das Jesus schafft, das lebt davon, dass sich alle einbringen, dass alle sich von dem alten Muster des Beißens und Anklagens und Habenwollens verabschieden und ihr Denken von Jesus gestalten lassen. Das nimmt uns Jesus nicht ab, er macht das nicht für uns. Aber er macht den Anfang, er bahnt den Weg, damit wir nachkommen können. Und diese Perspektive bewegt Menschen in der ganzen Welt und in allen Kulturen.

In dieser alten Verheißung von Jeremia ist ja schon gesagt, dass das der Weg sein wird, wie die ganze Welt erneuert wird. Die Gemeinschaft Jesu wächst unter den Menschen, sie hat die Kraft, alle Grenzen zu überwinden. Jeremia dachte an die 10 Stämme Israels, die Hundert Jahre vorher aus ihrer Heimat verschleppt und in alle Winde zerstreut worden waren. Wenn die eines Tages tatsächlich wieder zurückkehren sollen, das geht nur, wenn die ganze Welt nicht mehr so bleibt, wie sie ist. So wie Gott Israel einst aus der Sklaverei in Ägypten befreit hat, so wird es noch einmal eine Befreiung der ganzen Welt geben, eine Erlösung aus der Sklaverei, in der die Menschheit und auch all die anderen Kreaturen bis heute stecken. Und es ist die Gemeinschaft des Königs Jesus, sein Volk, das den Weg in diese Freiheit öffnet.

Dieser Weg ist seit Jesus offen. Die Ankunft dieses Weges feiern wir im Advent. Gott und Menschen versöhnt, die Menschen nicht mehr voll Misstrauen untereinander. Dieser Weg wird am Ende zu seinem Ziel führen.

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