Mehr als Segensworte

Predigt im Besonderen Gottesdienst am 29. Oktober 2006 über die irische Linie des christlichen Glaubens

Einleitung:

Im äußersten Nordwesten Europas liegt Irland. Durch seine Lage hat Irland eine Sondergeschichte. Es ist nie ein Teil des römischen Reiches gewesen, und die dunklen Jahre, die in der Zeit der Völkerwanderung über Mitteleuropa hereinbrachen, waren in Irland ein goldenes Zeitalter, in dem Glauben und Kultur blühten. Irland ist durch zwei Meere vom europäischen Festland getrennt. Es liegt von Meer umgeben am Rande des Atlantiks. Seine zerklüftete Küste erlaubt viele Begegnungen mit dem Meer, und die fallen oft stürmisch aus. Der Atlantik brandet an die Küste Irlands und bringt oft Sturm und Regen mit sich. Das Wetter ist sehr wechselhaft. Regen und Nebel sorgen dafür, dass es immer feucht bleibt, aber das Klima ist mild, und so ist Irland als die „Grüne Insel“ bekannt. Die Wolken hängen tief, und unzählige Schafe weiden auf den grünen Wiesen. Es ist eine beeindruckende Landschaft. Außerhalb der Städte hat sie sich seit Jahrhunderten nicht wesentlich geändert.

Die Vorgeschichte Irlands liegt ziemlich im Dunklen. Am Beginn der geschichtlichen Zeit ist Irland von Kelten besiedelt worden. Die Kelten waren eine große Volksgruppe, die urspünglich ihren Siedlungsraum im Zentrum Europas hatte. Spätestens seit Asterix und Obelix kennen wir die Gallier – das Wort ist ein etwas anderer Name für Kelten. Und auch die Galater, ein Stamm in Kleinasien, an den Paulus geschrieben hat, waren Kelten. Die Kelten wurden jedoch nach langen Kämpfen von den Römern unterworfen, und ihre Kultur ging in der römischen auf. Nur an den Rändern Europas haben sich Reste dieser keltischen Kultur erhalten – in Schottland, in Wales, in der Bretagne, und in Irland.

Die irischen Kelten lebten in Stammesverbänden unter regionalen Anführern und Königen. Die Welt der vorchristlichen Iren war voll dunkler Magie, ihre Götter waren gefährlich und unberechenbar. Angesichts des allgegenwärtigen Todes trat man die Flucht nach vorn an und suchte den Ruhm in der Schlacht. Die Iren waren Seeräuber, und bei einem Überfall entführten sie ungefähr um das Jahr 400 nach Christus einen 16jährigen Jungen aus Britannien mit Namen Patricius. Sie machten ihn zum Sklaven, der die Schafe hüten musste. Und in Kälte, Hunger und Einsamkeit wurde aus dem Traditionschristentum des römisch-britischen Jungen eine wirkliche Erfahrung. Er schrieb später: „Nachdem ich nach Irland gekommen war – jeden Tag musste ich Schafe hüten und betete viele Male am Tag – da kam mich die Liebe und die Furcht Gottes immer mehr an, und mein Glaube wurde gestärkt.“ Nach sechs Jahren bekommt er von einer Stimme die Anweisung zur Flucht. Aber als er wieder zu Hause bei seiner Familie ist, da bekommt er von Gott einen neuen Auftrag: er soll nach Irland gehen und die Leute, die ihn versklavt haben, zu Christen machen.

Aus dem Jungen Patricius wird Patrick, der Apostel Irlands. Und es gelingt ihm binnen dreißig Jahren, die Iren nicht nur oberflächlich zu Christen zu machen. Was ihn auszeichnet ist sein Mut, sein Vertrauen auf Gott und seine Liebe zu den Iren. Er redet vor Häuptlingen, er muss sich mit Zauberern und Druiden auseinandersetzen, er sucht manchmal die kalkulierte Konfrontation. Aber am Ende hat er Irland für Christus gewonnen und viele heidnischen Druiden werden christliche Mönche. Er hat die Abschaffung von Menschenopfern und Sklaverei erreicht.

Patrick gelingt es, die irisch-keltische Kultur mit dem Christentum zu verbinden. Die Menschen müssen nicht ihre Kultur hinter sich lassen, wenn sie sich dem Glauben an Christus zuwenden. Patrick setzt die keltischen Tugenden Treue, Mut und Großzügigkeit um in den biblischen Dreiklang von Glaube, Liebe und Hoffnung. Die Menschen spüren seine geistliche Vollmacht. Über ihn wird erzählt, er habe alle Schlangen aus Irland vertrieben.

Patricks irische Kirche ist eine Kirche der Klöster – geistliche Zentren, die bald auch kulturelle Zentren werden. So ziemlich jeder größere Ort hat einen Bischof, aber es gibt keine Erzbischöfe, keine Hierarchie, keine zentrale Organisation. Die Iren sind nicht in disziplinierte Organisationen einzugliedern.

Die abenteuerlustigsten unter den Mönchen wagen sich auf See auf die sturmumtosten Inselchen weit im Atlantik. Dort hausen sie in Mönchszellen aus aufgeschichteten Steinen, die manchmal an große Bienenkörbe erinnern. Dort in der Einsamkeit, allein mit den urtümlichen Kräften der Schöpfung, suchen sie Gott. Viele haben eine intuitive Beziehung zur Schöpfung. Von einem Mönch wir erzählt, er habe in seiner Zelle drei Mitbewohner gehabt: einen Hahn, eine Maus und eine Fliege. Der Hahn weckte ihn in der Nacht zum Gebet, die Maus ließ ihn nicht länger als fünf Stunden schlafen, dann knabberte sie an seinem Ohr, und die Fliege setzte sich in der Bibel immer an die Stelle, wo er weiterlesen musste.

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Andere Mönche machen sich auf die Reise an die Küsten Englands und Schottlands, um dorthin den christlichen Glauben zu bringen. Columban gründet vor der schottischen Küste das Kloster Iona. Ein anderer Mönch seines Namens wird sich nach Europa aufmachen, wo die Völkerwanderung einen verwüsteten, zerrissenen Kontinent hinterlassen hat. Er zieht mit seinen Gefährten ab 589 quer durch Europa und kommt bis Italien. Viele andere folgen ihm und bringen dem Kontinent wieder den Glauben und die Bildung, die in den dunklen Jahren fast ganz verlorengegangen waren.

Denn in den irischen Klöstern blüht die Kultur. Die Kelten haben schon immer mit Geschichten und Liedern gelebt. Jetzt schreiben die Mönche nicht nur die Bibel und die Kirchenväter ab, sie sammeln auch die alten Geschichten und Lieder, sie kopieren, was ihnen in die Hände kommt. Und sie schmücken ihre Handschriften mit wunderbaren Ornamenten. Der größte Kunstschatz dieses Landes ist eine Bibelhandschrift, das kostbar verzierte „Book of Kells“. Sie malen aber auch merkwürdige Figuren an den Rand ihrer Manuskripte, Drachen und Monster und ähnliches. Das älteste irische Gedicht hat ein Mönch über seinen weißen Kater verfasst und an den Rand eines Bandes mit Paulusbriefen geschrieben. Und überall stellen sie steinerne Hochkreuze auf, der Kreis im Zentrum des Kreuzes symbolisiert die Schöpfung.

Im Wappen des Staates Irland findet man bis heute die Harfe – ein Hinweis auf die reichhaltige Tradition von Dichtung und Musik. Im alten Irland gab es den stand der Barden, die die alten Geschichten und Lieder von Generation zu Generation weitergaben. Auch in der christlichen Zeit behielten sie ihren Platz. Die Harfe hatten die Iren wohl aus dem Orient übernommen – auch sonst gab es Verbindungen z.B. zu den Mönchen in Ägypten. Deshalb ist es gut möglich, dass König David seine Psalmen tatsächlich auf einem Vorläufer unserer heutigen Harfen gesungen hat.

Hier folgte der 57. Psalm – vorgetragen mit Harfenbegleitung

1 Ein Lied Davids, nach der Melodie »Richte nicht zugrunde«. Er dichtete es, als er auf der Flucht vor Saul in der Höhle war.
2 Erbarm dich, Gott, hab Erbarmen mit mir!
Bei dir suche ich Zuflucht,
im Schutz deiner Flügel will ich mich bergen,
bis das Unglück vorüber ist.
3 Zu Gott, dem Höchsten, schreie ich,
zu ihm, der sich auf meine Seite stellt.
4 Vom Himmel her wird er mir Hilfe schicken,
auch wenn mein Verfolger noch so höhnt!
Gott steht mir bei,
denn er ist treu und gütig!
5 Mir ist, als wäre ich umringt von Löwen,
die gierig sind auf Menschenfleisch.
Ihre Zähne sind spitz wie Speere und Pfeile,
ihre Zungen scharf wie geschliffene Schwerter.
6 Gott, überstrahle den Himmel mit deiner Herrlichkeit und erfülle die Erde mit deiner Macht!
7 Sie haben mir ein Netz in den Weg gelegt,
um mein Leben in ihre Gewalt zu bekommen.
Eine Grube haben sie für mich gegraben;
aber sie sind selber hineingefallen.
8 Mein Herz ist ruhig geworden, Gott,
ich fühle mich wieder sicher;
mit einem Lied will ich dich preisen.
9 Wach auf, mein Herz!
Harfe und Laute, wacht auf,
denn heute will ich die Sonne wecken!
10 Dir, Herr, bringe ich meinen Dank,
von dir will ich singen vor allen Völkern;
11 denn deine Güte reicht bis an den Himmel
und deine Treue, so weit die Wolken ziehen!
12 Gott, überstrahle den Himmel mit deiner Herrlichkeit und erfülle die Erde mit deiner Macht!

So wie David von Feinden umringt war, so brach über Irland ab 793 das Unglück herein – zuerst die Wikinger und dann die Engländer. Die Wikinger überfielen und zerstörten die Klöster, sie trennten die kostbaren Einbände der Handschriften ab und warfen die geschrieben Blätter weg, sie mordeten und verwüsteten. Die Klöster mussten sich jetzt mit starken Mauern schützen. In dieser Zeit wurden hohe Rundtürme gebaut, als Zuflucht oder als Ausguck, um rechtzeitig vor Wikingern gewarnt zu sein. Der legendäre König Brian Boru schlug zwar 1014 die Wikinger entscheidend, aber er selbst starb ebenfalls, und Irland wurde von innerer Uneinigkeit heimgesucht.

150 Jahre später wurde Irland von England aus erobert. Zunächst war es mehr eine Art Oberhoheit, aber im Lauf der Jahrhunderte versuchten die englischen Könige immer mehr, dem irischen Volk seine kulturelle Identität und seine wirtschaftliche Grundlage zu nehmen. Die Familien, in denen die Lieder und Geschichten weitergegeben wurden, wurde immer weniger, die alten Bücher gingen verloren. Irland sank immer tiefer ins Elend.

In der Mitte des 19. Jahrhunderts gab es schließlich eine schreckliche Hungersnot. Die englischen Herren sahen gleichgültig zu. Von 8,5 Millionen Iren lebten nach der Hungersnot nur noch 6,5 Millionen auf der Insel. Die anderen waren gestorben oder nach Amerika ausgewandert.

Das war aber nicht das Ende der irischen Geschichte. Im 20. Jahrhundert bekamen die Iren endlich wieder einen eigenen Staat. Die Hauptstadt Dublin ist heute eine große, moderne Stadt. Und die irischen Euromünzen schmückt immer noch die Harfe. Irisch-keltische Musik und irische Tanzshows sind in ganz Europa bekannt. Irische Literatur ist weltberühmt, und in den Pubs wird, wenn man Glück hat, Musik gemacht. Und die irische Landschaft ist immer noch so schön und beeindruckend wie sie immer gewesen ist.

Predigt:

Was ist eigentlich das Besondere an der irisch-keltischen Linie des christlichen Glaubens, die so deutlich auf Patrick zurückgeht?

Zunächst einmal ist es seit den Tagen der Apostel die erste Kirche in Europa, die wieder ohne staatlichen oder päpstlichen Rückhalt gegründet worden ist. Ein Mann bekommt von Gott einen Auftrag, er zieht los, ohne irgendeinen anderen Rückhalt als diesen Auftrag, und ein ganzes Volk kommt zum Glauben.

Daraus entsteht eine Kirche, die ebenso unabhängig ist wie ihr Gründer. Patrick kann diese Kirche ja nur mit den Menschen zusammen bauen, und deshalb presst er sie nicht in das Muster eines starren Organisationsprinzips, sondern er lässt ihnen ihre Freiheit, ihre Eigenarten, ihre manchmal chaotischen und bizarren Züge. Er hinterlässt eine Kirche von ungezähmten Heiligen, die sich vor nichts fürchten und eine enorme geistliche Kraft freisetzen – gerade in einem Augenblick, in dem Europa das dringend brauchte.

Patrick zwingt die Iren nicht dazu, als Christen ihre besondere Eigenart und ihre Kultur aufzugeben. Ihre tiefsten Antriebe wurden nicht ignoriert oder verteufelt, sondern ernstgenommen und geheiligt. Die alten Kelten waren kriegerische Leute, die keinem Streit aus dem Weg gingen. Patrick lenkte diesen kämpferischen Impulse in eine andere Richtung, und die irischen Mönche wurden Kämpfer anderer Art, Missionare, die furchtlos einem zerstörten Kontinent von neuem den Glauben und die Kultur brachten. Patrick handelte im Sinn der Athener Predigt des Apostels Paulus, der dort sagte: „Was ihr verehrt, ohne es zu erkennen, das verkünde ich euch“.

So entstand eine originelle Verbindung von Evangelium und Kultur. Und sie brachte wiederum jede Menge Originale hervor. Bis heute haben sich an vielen Orten Europas die Traditionen der örtlichen irischen Heiligen erhalten. An vielen Orten entstanden geistliche Kraftzentren mit enormer Ausstrahlung. Als die römische Kirche nach den dunklen Jahren langsam wieder zu Kräften kam, hatte sie Mühe, diese vielen Zentren wieder unter ihre Kontrolle zu bekommen.

Die Kultur, in die Patrick das Evangelium hineinbrachte, war eine sehr alte Kultur. Musik und Dichtung, überhaupt die Kunst, spielten dort schon immer eine große Rolle. Im keltischen Adel gab es deshalb nicht nur die Krieger, sondern auch die Druiden (die als Priester, Berater und Heiler wirkten) und die Barden, die die Geschichte ihres Volkes überlieferten. Als sie Christen wurden, da kehrten sie ihren Göttern und Dämonen den Rücken. Aber sie hörten nicht auf, sich für Heldentaten zu begeistern. Sie schrieben jetzt christliche Lieder, in denen auch die alten Helden und Heldinnen ihren Platz hatten: als Beispiel für Mut, Treue und Schönheit. Die weisen geistlichen Führer erkundeten jetzt andere Quellen: die Bibel und die Schriften aus den Klöstern und Einsiedeleien der Wüstenväter des christlichen Ostens. Aber sie entfremdeten sich nicht von ihren Nachbarn und Stammesgenossen, sondern an ihnen wurde sichtbar: alles Gute und Schöne, das Gott in der keltischen Kultur angelegt hatte, entfaltet und erfüllt sich erst richtig in Christus.

In ihrer eigenständigen Kirche entwickelten sie eine sehr befreiende Art, den Glauben weiterzugeben. Es ist ein sehr großer Unterschied etwa zu Bonifatius, der auch für kleinste Details Weisung aus Rom einholte. Heiligkeit hing nicht an Riten, Hierarchien und korrekter Sprache. Heiligkeit bedeutete vor allem: Gott von ganzem Herzen und radikal zu lieben, ohne sich deshalb von der Welt abzuschotten. Dazu gehörte ein Leben des Gebets, die Erwartung von Wundern und Visionen, ein klarer Blick in die Herzen von Menschen und eine Leidenschaft für die Ausbreitung des Evangeliums. Hier spürt man auch nichts von der Geringschätzung der Natur und der Materie, mit der unsere Tradition des Christentums schon so lange geschlagen ist. Aus dieser Tradition kommen die irischen Segenssprüche, in denen so viel Heiterkeit, so viel Freude an der Schöpfung und Hoffnung liegt. Von Columban, einem der ersten großen Missionare, stammt das folgende Gedicht:

„Herrlich ist es, auf der Spitze eines Felsens im Meer zu stehen, im Busen einer Insel auf das Angesicht des Meeres zu blicken.
Ich höre die wogenden Wasser eine Melodie zu Gott im Himmel singen. Ich sehe ihre glitzernde Brandung.
Ich sehe die goldenen Strände, ihren Sand funkeln, ich höre das fröhliche Kreischen der Möwen.
Ich sehe die Wellen sich brechen, auf die Felsen prallen wie der Donner am Himmel. Ich sehe die mächtigen Wale.

Lasst mich den Allmächtigen Gott preisen, dessen Kraft sich über Meer und Land erstreckt, dessen Engel über allem wachen.“

Die keltischen Heiligen konnten Gottes Schönheit in den kleinsten Dingen ihrer Umgebung entdecken. Und das gelang ihnen auf der Grundlage des Evangeliums, das sie sehr gut von den Mythen ihrer Vorfahren unterscheiden konnten. Denn nun hatte die Welt eine Mitte, Christus, und von dort her bekam alles seine Einheit, die sichtbare und die unsichtbare Welt. Diese Mitte symbolisiert das keltische Kreuz mit dem Schöpfungskreis. Von dieser Mitte aus konnten sie sich auf die ganze Wirklichkeit einlassen.

Von dieser Mitte aus konnten sie auch die Eigenarten der Menschen viel gelassener ertragen. Auch wenn die irische Kirche von Klöstern geprägt war, so waren diese Kommunitäten bunt, vielfältig und viel weniger hierarchisch. Der Gehorsam gegen den Abt spielte eine viel geringere Rolle. Es gab keine einheitliche Ordnung der Gebetszeiten. Die Einzelnen hatten einen großen Spielraum, um ihren Rhythmus von Arbeit und Gebet zu finden. Anscheinend hatten die Iren sehr viel weniger Angst vor Chaos und Anarchie.

In einer Zeit des Umbruchs, vor der wir heute stehen, wird dieses Modell des christlichen Glaubens neu aktuell. Der Mut, offensiv auf Veränderungen zuzugehen, sich auf die ganze Wirklichkeit einzulassen und sich nicht in frommen Ghettos zu verschanzen, das Vertrauen auf Gott und seine Schöpfung, die Selbstverständlichkeit der Gemeinschaft, die Liebe zur Dichtung und zu aller Kultur, all das können wir neu von den Kelten lernen. Das alles gehört in Wirklichkeit zu den Wurzeln unserer Tradition, denn auch die Christianisierung Germaniens verdankt sich in wesentlichen Teilen den irischen Mönchen. Es ist gut, dass es diese Alternative zur herrschenden römischen Linie des christlichen Glaubens gibt.

Vielleicht ist es aber am meisten die Liebe zur Schönheit in jeder Form, an die wir uns von den keltischen Christen erinnern lassen können. Denn Schönheit spiegelt Gott wider. Vor aller Nützlichkeit ist die Schöpfung schön. Natur dient nicht zuerst einem Zweck, sondern sie teilt etwas mit über Gott. über seine Großartigkeit, sein Wildheit und seine Freundlichkeit. Schönheit sagt: Alles wird gut werden. Schönheit tröstet. Deshalb bringen wir Kranken Blumen mit ins Krankenhaus und legen Blumen auf Gräber. Inmitten von Schmerz und Verlust Schönes schenken, das ist eine deutliche Aussage. Schönheit ermöglicht vielen eine Erfahrung der Ewigkeit. Sie erinnert an den Garten Eden, den wir nie gekannt haben, und an die kommende Welt, für die wir geschaffen sind. Schönheit sagt: auf euch wartet Herrlichkeit. Und wenn es so etwas wie Herrlichkeit gibt, dann hat sie auch einen Ursprung. Was für eine unermessliche Güte, die sich das ausgedacht hat! Schönheit zieht uns zu Gott.

Es bleibt der Nachtrag, dass Schönheit immer auch gefährdet ist. Auch das haben die Iren erlebt. Über ein Jahrtausend haben sich fremde Gewalttäter darum bemüht, diese irisch-christliche Kultur zu zerstören. Es ist, also ob Wikinger und Normannen und Engländer um die Wette geeifert hätten, auszurotten was da entstanden war, die Alternative, die dort in Menschen lebendig war, zu vertilgen. Es gab eine Zeit, da sah es so aus, als wäre es ihnen fast gelungen. Aber nur beinahe. Heute ist das irisch-keltische Erbe wieder lebendig geworden und beschenkt die Welt von Neuem.