Auferstehung: neues Leben, neue Körper, neue Welt

Predigt am 31. März 2002 (Ostersonntag) zu 1. Korinther 15,19-28

19 Wenn wir nur für das jetzige Leben auf Christus hoffen, sind wir bedauernswerter als irgend jemand sonst auf der Welt.

20 Nun aber ist Christus vom Tod auferweckt worden, und als der erste Auferweckte gibt er uns die Gewähr, dass auch die übrigen Toten auferweckt werden. 21 Durch einen Menschen kam der Tod. So kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung vom Tod. 22 Alle Menschen gehören zu Adam, darum müssen sie sterben; aber durch die Verbindung mit Christus wird ihnen das neue Leben geschenkt werden.

23 Doch das alles geschieht zu seiner Zeit und in seiner vorbestimmten Ordnung: Als erster wurde Christus vom Tod auferweckt. Wenn er wiederkommt, werden die auferweckt, die zu ihm gehören. 24 Dann ist das Ende da: Christus übergibt die Herrschaft Gott, dem Vater, nachdem er alles vernichtet hat, was sich gegen Gott erhebt und was Macht und Herrschaft beansprucht. 25 Denn Christus muss so lange herrschen, bis er alle Feinde unter seinen Füßen hat. 26 Als letzten Feind vernichtet er den Tod. 27 Denn es heißt in den Heiligen Schriften: »Alles hat Gott ihm unterworfen.« Wenn hier gesagt wird, dass alles ihm unterworfen ist, dann ist natürlich der nicht eingeschlossen, der ihm alles unterworfen hat.

28 Wenn aber alles Christus unterworfen ist, dann unterwirft auch er selbst, der Sohn, sich dem Vater, der ihm alles unterworfen hat. Dann ist Gott allein der Herr – über alles und in allem.

Als Jesus gestorben war, da scheiterte Gottes Plan mit der Welt nicht, nein, da fing seine Ausführung erst richtig an. Im Jerusalemer Staatssicherheitsrat sagten sie zwar: Gott sei Dank, den haben wir gerade noch rechtzeitig erledigt, bevor er mehr anrichten kann, jetzt ist wieder Ruhe! Aber sie haben sich getäuscht. Mit der Ruhe ist es endgültig vorbei. Jesus gibt keine Ruhe mehr, und jetzt nicht bloß in diesem vergessenen Land hinter den sieben Bergen, sondern überall. Nichts ist mehr sicher vor ihm. Selbst dass der Tod mal todsicher war – auch das ist vorbei.

Dass Gottes Frieden auf dem Vormarsch ist, das erkennt man gerade daran, dass es keine Ruhe mehr gibt. Römer und Priester wollten die Friedhofsruhe, wo alles unter Kontrolle ist. Aber Gott hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und das wird nicht der letzte Strich sein, mit dem er den Machthabern die Rechnung verdirbt. Die Welt kommt in Bewegung. Die Auferstehung Jesu ist nur der erste Akt in dem Stück, das von nun an gespielt wird.

Was ist der Titel dieses Stücks? Könnte man vielleicht sagen: »Der Widerspenstigen Zähmung«? Gott holt seine geliebte Welt zurück. Er wird alle Widerstände unterlaufen und wird dazu sogar die Energie nutzen, die ihm Menschen entgegenstellen. Dadurch kommt die Welt in Bewegung wie nie zuvor. Es ist kein Zufall, dass dieser ganze Fortschritt, diese ganze Erschütterung der Welt, die wir seit Jahrhunderten erleben, es ist kein Zufall, dass das alles »nach Christi Geburt« geschieht. Jesus gibt keine Ruhe mehr, und irgendwie müssen sie alle zu ihm Stellung nehmen, positiv oder negativ. Und aus dem Weg räumen kann ihn niemand mehr – mehr als einmal geht das nicht bei einem Menschen. Aber Jesus lebt – den begräbt keiner mehr!

Es ist ja schon aufregend genug, wenn bei irgendeinem Menschen eine Wiederbelebung klappt, nachdem er eigentlich klinisch tot war. Mit 150 Sachen ist er gegen einen Baum gebrettert, sie haben ihn aus einem Ei von Schrott wieder herausgepellt, minutenlang hat das Herz stillgestanden, aber die Medizin kann ja viel, sie haben ihn zurückgeholt, jetzt läuft er wieder rum, als ob nichts passiert wäre. Aber was so einer dann manchmal erzählen kann: von bunten Farben und weiten Räumen, von weißgekleideten Gestalten, unter denen er für einige Zeit weilte, von einer Blitzrückschau auf sein Leben und von sanfter Musik, die da ertönte. Fabelhaft! Bloß meistens stellt sich nach einiger Zeit heraus: er ist aber doch ziemlich der Alte geblieben. Er beschwert sich schon wieder heftig, wenn die Schwestern nicht gleich kommen, er schnarcht immer noch, und der Anfall von Nachdenklichkeit, der ihn in der ersten Zeit manchmal plagte, der geht nun langsam auch wieder vorbei.

Bei Jesus ist das ganz anders. Er hat nicht das alte Leben noch mal zurückbekommen, sondern ein funkelnagelneues. Er ist der Anfang einer neuen Welt, der erste in Gottes neuer Welt. Deshalb müssen die Jünger zweimal hinsehen, wenn sie ihm begegnen. Er sieht irgendwie anders aus als früher. Kein Wunder, dass sie ihn nicht gleich erkennen. Sie haben schließlich keine Erfahrung mit Auferstandenen – Jesus ist ja der erste.

Und wie Jesus schon in seinem irdischen Leben anders war, ein Mensch nach Gottes Herzen, einer, der sich nie den kaputten Regeln gefügt hat, nach denen wir uns hier gegenseitig das Leben schwer machen, jetzt ist er erst recht anders: vollendet und makellos, ein Ebenbild Gottes, in ihm spiegelt sich die Herrlichkeit des kommenden Gottesreiches, und der göttliche Lichtglanz geht von ihm aus.

Und dieser Jesus zieht sich nicht in den wohlverdienten Ruhestand im Himmel zurück, sondern er macht weiter, wie er angefangen hat: Er bringt Menschen in Bewegung, er vertreibt böse Mächte, er macht Menschen heil und gesund, und jetzt ist sein Aktionsfeld die ganze Erde. Im Missionsbefehl sagt er: »Jetzt ist mir alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden«. Er lebt in Gottes neuer Welt, und er wirkt in die alte Welt hinein. Gott hat es ihm anvertraut. Er hat gesehen, wie Jesus als Mensch gelebt hat, und da hat er sich gesagt: dem kannst du ohne Bedenken alles anvertrauen.

Auf verborgene Weise ist Jesus schon jetzt der Herr der ganzen Welt. Gott hat ihm sozusagen den Schlüssel anvertraut, mit dem man Zugang hat zum innersten Geheimnis der Welt, Zugang zu dem verborgenen Punkt, von dem aus man die Welt aus den Angeln heben kann. Von jetzt ab dreht sich alles um ihn, auch wenn es nur die wenigsten wissen. Von nun an antworten alle Menschen auf seinen Ruf und seine Herausforderung, auch wenn sie noch nicht einmal seinen Namen kennen.

In Galiläa und Jerusalem, das war die Probe, und jetzt geht es richtig los. Vorher war Jesus durch die natürliche Reichweite eines Menschen begrenzt. Kein Mensch kann in seinem Leben mit mehr als ein paar tausend Menschen Kontakt haben. Was ist das schon bei 5 oder 6 Milliarden Menschen? Aber jetzt, vom Himmel aus, da kann Jesus alle erreichen und überall präsent sein im Heiligen Geist. Und das will er. Er will ja nicht allein bleiben in der Auferstehungswelt, sondern er will viele Menschen da mit hinein ziehen. Wir sollen auch mit verwandelt werden in die neue Schöpfung Gottes. Das war Gottes Plan, als er Jesus auf die Erde sandte.

Aber bis der gelingt ist noch einiges zu tun. Denn diese Erde ist ja beherrscht von allen möglichen Mächten und Machthabern, von Geistesmächten und militärischen und wirtschaftlichen Mächten. Überall gibt es Einflusszonen und Herrschaftsgebiete, und wehe, du kommst einem ins Gehege! Deswegen ist ja auch Jesus beseitigt worden, weil er den Machthabern gefährlich wurde.

Aber jetzt, mit der Auferstehung, da ist eine neue Kraft in der Welt. Und diese Kraft hat ja in der Auferstehung ihre erste Bewährungsprobe ganz klar bestanden. Da hat sich gezeigt, dass Gottes Kraft jeder Macht und Herrschaft in der Welt überlegen ist. Und dass er willens ist, sie auch einzusetzen, wenn ein Mensch so wie Jesus ganz auf ihn vertraut.

Und dann schließt Paulus davon weiter und sagt: es ist doch völlig klar, dass Gott jetzt nicht aufhören wird. Gott wird keine halben Sachen machen, nein, er wird nicht ruhen, bis diese siegreiche Kraft die ganze Welt erneuert hat. Die Auferstehung Jesu ist der Auftakt zur Auferstehung der Toten, weltweit. Das gäbe doch keinen Sinn, wenn Gott an einer Stelle dies neue Leben schafft und dann stoppt und nicht weitermacht!

Und muss man sich erinnern, dass Paulus und überhaupt das Neue Testament unter Auferstehung nicht etwas versteht, was sich im seelisch-geistigen Bereich abspielt. Es geht nicht darum, dass eine unsterbliche Seele weiterlebt. Wenn man den Korintherbrief noch ein paar Verse weiterliest, dann findet man da eine Abhandlung darüber, mit was für Körpern wohl die Auferstandenen ausgestattet sein werden. Da sagten Leute: Auferstehung ist nicht möglich, unsere Körper sind dann längst verfallen, da können sich doch nicht die Atome von allen Enden der Welt wieder zusammenfinden! Und Paulus sagt: du hast keine Ahnung von Gott! Wenn Gott die Menschen auferstehen lässt, dann gibt er ihnen natürlich Körper, aber neue Körper, Körper, die zu Gottes Welt passen.

Das heißt, es geht um die Auferstehung der Körper, so merkwürdig uns das erstmal vorkommen mag. Im Glaubensbekenntnis, wo wir sagen: Auferstehung der Toten, da steht in der lateinischen Fassung ganz brutal »Auferstehung des Fleisches«, die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht noch daran, dass das früher auch auf deutsch so hieß.

Auferstehung des körperlichen Menschen bedeutet aber eine ganze neue Welt, denn Körper sind nicht denkbar ohne eine Welt, in der sie sich bewegen. Auferstehung der Toten bedeutet: so wie Jesus nach seiner Auferstehung seinen Körper hatte, an dem noch die Nägelwunden zu sehen waren, so werden wir wieder in unserem Körper leben. Aber so wie der Körper von Jesus verwandelt war, so dass die Jünger ihn zuerst nicht erkannten, so werden auch unsere Körper verwandelt sein und die Herrlichkeit des Himmels ausstrahlen.

So wie Jesus in seinem eigenen Körper den Jüngern begegnete, und doch verwandelt, so wie wir in unserem Körper auferstehen werden, aber es ist dann ein geistlicher Körper, wie auch immer das aussehen mag, so wird auch diese Welt am Ende erneuert werden: es bleibt dieselbe Welt, und vielleicht trägt sie dann sogar immer noch die Spuren der Misshandlungen, die wir ihr zugefügt haben, aber sie wird neu sein, dieselbe Welt und doch neu, die Welt Gottes, die endlich zurückgekehrt ist zu Gott, wie der verlorene Sohn ins Vaterhaus.

Die Zeit zwischen der Auferstehung Jesu und dem Zeitpunkt, wenn er Gott die Schöpfung zurückbringen kann, das ist eine Zeit des Ringens und des Kampfes. Es ist nicht eine Zeit, wo es langsam alles besser wird, sondern wo die Unruhe auf der Erde wächst. Die Mächte und Gewalten wehren sich mit aller Kraft dagegen, zurückzukommen unter die Herrschaft Gottes. Sie wollen lieber verbrannte Erde zurücklassen, als ihre Macht aufgeben. Deshalb reden alle Prophezeiungen im Neuen Testament von Zeiten großer Erschütterung, die dem Ende vorausgehen, auch von Zeiten, in denen es nötig sein wird, Leid zu tragen.

Aber das alles ist eine hoffnungsvolle Unruhe. All diese Kämpfe zeigen, dass sich etwas bewegt. Und sie werden so lange gehen, bis Gott dafür gesorgt hat, dass alle Feinde Jesus entweder für ihn gewonnen sind oder nirgendwo mehr einen Fuß in die Tür bekommen. Am Ende steht dann die Abschaffung des Todes, so wie Jesus ja jetzt auch schon nicht mehr dem Tod unterworfen ist.

Die Auferstehung Jesu ist sozusagen das Modell für das Schicksal der ganzen Welt. Und so dankbar wir sind für alle gegenwärtigen Erweise seiner Macht das alles ist nichts gegen die Herrlichkeit der erneuerten Schöpfung, wenn sie endlich so sein wird, wie es von Anfang an vorgesehen war.

Aber bis dahin sind es diese kleinen Anfänge, die uns immer wieder bestärken im Glauben an die Kraft Gottes, die sich in der Auferstehung bisher am klarsten gezeigt hat und eines Tages die ganze Welt erfüllen wird.